Zwischen Himmel und Heute

"Visionen, Träume und Phantastereien" lautet der Untertitel der neuen, vom 12. Februar bis 22. April dauernden Ausstellung im Museum im Lagerhaus, St. Gallen. Sie vereinigt Werke von rund zwei Dutzend Künstlerinnen und Künstlern zwischen naiver Kunst und art brut.

Der 76-jährige, in Gossau SG lebende Italiener Pietro Angelozzi hatte bereits als siebenjähriger eine göttliche Vision, der bis zu seinem 46. Altersjahr sechs weitere folgten - stets im Bezug zu einschneidenden Begebenheiten seines Lebens. Auf göttlichen Befehl hielt er in reichen, kindlichen Bildern fest, was er geschaut und erfahren hatte; die zugehörigen Texte "übersetzte" er, der nur italienisch spricht, mit Hilfe kleiner Wörterbücher in mehrere Fremdsprachen. Ein Visionär anderer Art war Angelus. Er war Mechaniker, Gewerkschafter un deinmal auch Streikführer gewesen und setzte sich nach seiner Pensionierung intensiv mit philosophischen und theologischen Fragen auseinander. In symbolreichen grossformatigen Farbstiftzeichnungen umkreiste er vor allem die Fähigkeit des Menschen, Gut und Böse unterscheiden und danach auch handeln zu können. Zu den Visionären zählen auch Elisabeth Bourquin, der von Geburt an durch progressiven Muskelschwund behinderte Christoph Eggli oder der italienische Arbeiter Antonio Odesti, der in naivem Eifer mythologische Figuren wie Neptun vor drohenden Umweltkatastrophen warnen lässt. Auch die Weltbilder von Emma Widmer-Gass, die von zahllosen Engeln umschwebte Auferstehung Christi von Walter Arnold Steffenoder die Arbeiten von Bruno Weber gehören in dieses Umfeld. Nicht weniger zahlreich sind die Künstlerinnen und Künstler, die sich fabulierend den grossen biblischen Themen nähern. In acht detailreichen Bildern erzählt Karl Uelliger die Schöpfungsgeschichte, Heinrich Bleiker bringt das gleiche Thema bis hin zum Sündenfall auf einem einzigen Bild unter, Erich Staub weiss nicht recht, soll er der Bibel oder wissenschaftlichen Theorien folgen und stellt Urknall, Evolution und die biblische Geschichte von Adam und Eva bis zum jüngsten Gericht nebeneinander. Das Weltengericht hat auch Hedi Zuber, Heinrich Bleiker und Julius Wagner beschäftigt; diesem ist es nach eigenem Bekunden gelungen, in seiner Darstellung nach Michelangelo über 100 Figuren zusätzlich unterzubringen. Die Ausstellung, eine spannende Begegnung mit Künstlerinnen und Künstlern, die sich mit grossen philosophischen, weltanschaulichen und religiösen Themen aus ihrer ureigenen Sicht auseinandersetzen, wird vom Kunsthaus Langenthal übernommen werden.